Karfreitag und mehr

M.G. Grünewald: Isenheimer Altar.Photo privat


Karfreitag: Auftakt der drei Leidenstage Cristi


 

Die Karwoche, das was wir heute als “Ostern“ im engeren Sinne verstehen, beginnt am Palmsonntag, der an den Einzug Jesu in Jerusalem erinnert und mit Palmzweigen, Palmkätzchen oder Buchsbaum zelebriert wird, eigentlich aber schon am Aschermittwoch, denn dieser Tag ist der Auftakt der vorösterlichen Fastenzeit, einer vierzigtägige Vorbereitung auf das längste christliche Fest, dessen erster trauriger Höhepunkt Christi Sterben ist. Deshalb müssen die reuigen Sünder ihr Haupt mit Asche bestreuen und sich mit einer vierzigtägigen Fastenzeit darauf vorbereiten. Der Verzehr von Fleisch warmblütiger Tiere, von Eiern und Milchprodukten war in der Fastenzeit des Mittelalters strengstens verboten. Aber es wurden kulinarische Schlupflöcher gefunden, etwa der Verzehr von Wasservögeln, ja sogar Bibern und allem, was als fischähnlich erklärt werden konnte. Auch Flüssiges war erlaubt, was dazu führte, dass man in bayerischen Klöstern kräftiges „Fastenbier“ braute.

 

Die Karwoche endet mit den drei Leidenstagen Christi: Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag. Das Wort „Kar“ geht zurück auf das althochdeutsche Wort für Wehklage, Trauer und Kummer. An Gründonnerstag als Erinnerung an die Ölbergstunden Christi mit Fußwaschung wurde im Süden Deutschland früher mit Stöcken, Prügeln, Ratschen und Töpfen ein Höllenlärm veranstaltet, der den Aufruhr der Natur beim nahenden Tod Christi meinte. Auch wurden an vielen Orten, nicht nur in Oberammergau, in der Karwoche Passionsspiele um Leiden und Sterben Christi aufgeführt.


An Karfreitag wird dann seit je um 15 Uhr Jesu Todesstunde mit Nachmittagsgottesdiensten und Glockenläuten gedacht. Auch Karfreitagsprozessionen haben eine lange Tradition, am eindrucksvollsten zelebriert man sie bis heute in Italien: Übergroße Heiligenstatuen und Kreuzwegskulpturen sowie der Leichnam Christi im Glassarg werden von starken Männern im Gleichmarsch durch die Stadt getragen. Die Banda municipale, die städtische Blaskapelle, spielt dazu Prozessionsmusiken, die allerdings eher nach Oper als nach Kirche klingen. An Karsamstag, dem Gedächtnistag der Grabesruhe Christi, werden seit dem vierten Jahrhundert Osterkerzen entzündet, auch Osterfeuer. Das Licht symbolisiert Christi Gegenwart. Mehr noch als in der römischen, sind in der russischorthodoxen Kirche Kerzen Bestandteil der Osterliturgie.


Übrigens: Siziliens Osterfeierlichkeiten beginnen schon Gründonnerstag und ziehen sich bis in die Osternacht, in der die schwarzverhängten Altäre der Kirchen von den Anwesenden mit einem opernchorhaften "viva il christo" enthüllt werden und unter applaudierendem Beifall der Gemeinde die Lichter wieder eingeschaltet werden.



Der Karfreitag ist geprägt von Stille und Trauer. Das Morgenoffizium besteht aus den feierlichen Trauermetten bei denen die Lamentationen des Propheten Jeremia gesungen werden. Die Liturgie stellt uns ganz in das Geschehen der Passion und des Sterbens Christi. Höhepunkt ist die Erhöhung und Verehrung des Kreuzes. Der harte, hölzerne Ton der Karfreitagsklappern begleitet uns durch diesen Tag, er erinnert an das Symandron, dass Stundenholz, der Orthodoxie. Nach der Liturgie ist Grablegung, d. h. es wird der Leichnam Christi im Grab enthüllt und mancherorts die Monstranz, die mit einem Schleier verhüllt über dem Heiligen Grab ausgesetzt.


Keine Eucharistiefeier, aber dafür Kreuzverehrung und die Großen Fürbitten, das kennzeichnet die Karfreitagsliturgie. Zur Todesstunde Jesu, also um 15 Uhr, versammelt sich die Gemeinde still in der Kirche. Es gibt keinen Weihrauch, die Farbe Rot der Gewänder erinnert an das Blut, das Jesus in seinem Leiden und Sterben vergossen hat. Still legen sich die Priester und Ministranten nach dem Einzug auf den Boden, während die Gemeinde kniet. Diese Gebärde der "Prostratio" wird nur an diesem Tag und bei Weihen zu Diakon, Priester und Bischof gehalten. Kern der Feier ist der Wortgottesdienst mit biblischen Lesungen über den Gottesknecht aus Jesaja, aus dem Hebräerbrief und die Passion aus dem Johannesevangelium. Das Evangelium wird meist mit drei Sprecherrollen für den Erzähler, Jesus und die anderen vorgelesen. Es zeigt nicht nur auf, was in den letzten Stunden Jesu geschah, sondern deutet auch aus, warum er sich freiwillig dem Tod ausgeliefert hat. An der Textstelle, an der Jesus seinen Geist aufgibt, kniet sich die Gemeinde zu einer kurzen Gebetsstille hin.


Nach der Predigt folgen die sogenannten Großen Fürbitten, die sich in ihrer Ausgestaltung stark von den gewöhnlichen Fürbitten unterscheiden. Zehn Mal wird das Anliegen genannt, dann wird mit einem "Beuget die Knie" zu kurzem Gebet eingeladen. Themen sind unter anderem Papst und Kirche, Nichtchristen, die Regierenden und die Notleidenden.

Seit dem Jahr 400 gibt es bis heute das Element der Kreuzverehrung: Der Gemeinde wird zum Ruf "Seht das Kreuz, an dem der Herr gehangen, das Heil der Welt" ein hoch erhobenes Kreuz gezeigt. Wenn es mit einem Tuch verhüllt ist, wird es in drei Schritten in den Altarraum getragen und dabei enthüllt. Dann ziehen die Mitfeiernden in einer Prozession zum Kreuz und verehren es mit einer Kniebeuge oder mit der Niederlegung von Blumen. Je nach Kulturkreis ist auch das Umarmen und Küssen des Kreuzes üblich.


Es folgt die Kommunion, die aus der Seitenkapelle geholt wird, in die sie seit der Abendmahlsfeier am Gründonnerstag ist. Der Sinn des Kommunionempfangs ist an dem Tag eine innerliche Vereinigung mit dem sterbenden Christus. Selten wird sie auch ausgelassen mit dem Argument des Wartens auf den Auferstandenen. Die Karfreitagsliturgie endet mit einem Segensgebet ohne Kreuzzeichen.


Der Karsamstag ist der Trauertag der Kirche, auch heute werden feierliche Trauermetten gehalten. Keine Glocke erklingt, so geht der Tag still dahin. In der Kirche tut sich etwas, viele fleißige Hände sind dabei das Haus Gottes zu schmücken für den Augenblick der Osternacht in dem es heißt „Christus ist wahrhaft auferstanden“.


In der Dunkelheit des Abends oder der Nacht wird das Osterfeuer entzündet, an dem die Osterkerze entzündet und geweiht wird. Im Lesegottesdienst – der alten Vigilfeier – führen uns die Lesungen aus dem AT durch die Heilsgeschichte, von der Erschaffung der Welt, der Probe Abrahams, des Durchzuges der Israeliten durch das Rote Meer und Lesungen aus den Propheten, hin zum Mysterium der Auferstehung. Feierlich freudig erklingen nach 40 Tagen des Fastens Gloria und Halleluja.


Auf Christi Tod sind wir getauft. Daher erinnern wir uns unserer Taufe und erneuern die Taufgelübde nach der Weihe des Taufwassers. Da die Osternacht ein alter Tauftermin ist werden auch oft Kinder oder Erwachsene in der Osternacht getauft. In der Eucharistie empfangen wir den, der gestorben und auferstanden ist, der uns auch zum gemeinsamen Mahl lädt. Daher werden oft im Anschluss an die Osternacht Fleisch, Eier und Brot gesegnet.

Die orthodoxen Christen grüßen sich seit alters mit dem Gruß: „Christos anesti! Alethos anesti!“ „Christus ist auferstanden – er ist in Wahrheit auferstanden!“


Die Osternachtsfeier ist das Zentrum des "Triduum paschale", die "Mutter aller Vigilien" und wie die Christmette die "Nacht der Nächte". Die Kirche erwartet in ihr zunächst die Auferstehung und feiert sie dann. Deshalb sollte der Gottesdienst im Zeitraum nach Sonnenuntergang und vor Sonnenaufgang beginnen. Die Liturgie besteht aus den vier Elementen Lichtfeier, Wortgottesdienst, Taufe, Eucharistie.

Gläubige, die sich gerne einen Sitzplatz in der Kirchenbank reservieren, stellt sie vor ein Dilemma, denn die Lichtfeier beginnt vor der Kirche im Freien. Dort segnet der Priester zunächst das Osterfeuer und entzündet daran die Osterkerze. In einer Prozession trägt der Diakon die Kerze in das dunkle Gotteshaus – unter dem dreimaligen Ruf "Lumen Christi – Deo gratias" – "Christus, das Licht – Dank sei Gott". Das Licht der Osterkerze wird an die Ministranten weitergegeben und an alle Mitfeiernden.


Mit dem Gloria geht das Licht wieder an.Die elektrische Beleuchtung der Kirche wird noch lange Zeit aus bleiben, denn es folgt zunächst das gesungene Osterlob, das sogenannte Exsultet. Auch der nun folgende Teil der Bibellesungen wird größtenteils nur von Kerzenlicht begleitet. Mindestens drei Lesungen aus dem Alten Testament, vorgesehen sind aber sieben, werden vorgetragen, darunter der Durchzug durch das Rote Meer. Unterbrochen werden die Lesungen jeweils von Gesang und Gebet. Bevor zwei Texte aus dem Neuen Testament kommen, wird es beim Gloria feierlich: Die Orgel spielt wieder, alle Glocken läuten und das Licht wird angemacht – Christus ist auferstanden.


In der Osternachtsfeier wird die Osterkerze vor der Kirche entzündet und danach in das Gotteshaus getragen.Vor dem Evangelium erklingt zum ersten Mal seit Aschermittwoch wieder das Halleluja. Nach der Predigt ist eine Tauffeier vorgesehen, oft handelt es sich dabei um die Erwachsenentaufe. Zunächst wird jedoch die Allerheiligenlitanei ("Heilige(r) …, bitte für uns") gesungen und das Taufwasser gesegnet. Weil alle Anwesenden dabei ihr Taufversprechen erneuern und mit dem Osterwasser besprengt werden, entfällt das Glaubensbekenntnis vor den Fürbitten.


Es folgt die Eucharistiefeier, zu der die Neugetauften oder die Ministranten die Gaben in einer feierlichen Prozession bereiten. Wie an Gründonnerstag gibt es die Empfehlung, zum Brot auch die Kelchkommunion zu reichen. Schließlich handelt es sich um den Höhepunkt des wichtigsten Gottesdienstes des Jahres.

In den meisten Kirchengemeinden gibt es am Vormittag des Ostersonntags einen feierlichen Gottesdienst. Mit dem Erlebnis der Osternacht ist er jedoch nicht vergleichbar. Ja, die einzelnen Feiern des Letzten Abendmahls, der Karfreitagsliturgie und der Ostervigil dauern recht lange, je eineinhalb bis gut zwei Stunden, und finden an ungewohnten Zeiten statt. Aber bei entsprechender Gesundheit, lohnt es sich für jeden Gläubigen, das gesamte "Triduum Sacrum" mitzufeiern. Ein intensiveres Ostererlebnis gibt es fast 2000 Jahre nach der Auferstehung nämlich kaum.

 

Am Ostersonntag finden nach biblischer Überlieferung Maria Magdalena und Maria Kleophas das Jesusgrab offen und leer vor. Ein Engel verkündet, dass Christus auferstanden ist. Georg Friedrich Händel lässt diese Szene in seinem Auferstehungs-Oratorium mit der Bitte enden, nachdem Jesus von seinem Vater erlöst wurde, möge auch der Mensch von Jesus erlöst werden. Es ist die Heilsgewissheit der Christen schlechthin. Am Ostermontag wird sie im liturgischen Ritus gefeiert als endgültiger Sieg des Gottessohnes über Tod und ewige Verdammnis. Die Menschen dürfen sich nun auch wieder am Fleischlichen freuen, traditionell an Lamm oder Hase.  

 

Christi Auferstehung am Morgen des Ostersonntags ist Zielpunkt des Osterfestes. Seit dem Konzil von Nizäa im Jahre 325 ist Ostersonntag der erste Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond. Ostersonntag ist der Tag der  Freude über den endgültigen Sieg des Sohnes Gottes über Tod und ewige Verdammnis. Bis heute gehalten hat sich die Tradition des Ostereier-Suchens, ein Brauch, der das Ei – wie den Hasen - als Symbol von Fruchtbarkeit, Liebeszauber und Frühling feiert.